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Erkennbarkeit von Vergaberechtsverstößen

Erkennbarkeit von Vergaberechtsverstößen – im Zusammenhang mit Umrechnungsmethoden

Immer wieder kommt es dazu, dass sich die vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen mit der Erkennbarkeit von Vergaberechtsverstößen auseinandersetzen müssen. Dies nicht zuletzt wegen der hohen praktischen Relevanz der Thematik im Zusammenhang mit der Präklusionsregelung des § 160 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 GWB.

So auch kürzlich das OLG Naumburg (Beschluss v. 1.3.2021, 7 Verg 1/21), das die Erkennbarkeit von Vergaberechtsverstößen im Zusammenhang mit Preisumrechnungsmethoden zu beurteilen hatte.

In dem zu entscheidenden Fall, dem die Vergabe der Beschaffung von Fahrkartenautomaten auf Grundlage der SektVO zugrunde lag, war – ausweislich der Ausschreibungsunterlagen – für die Bewertung des Angebotspreises eine stufenweise Punktevergabe vorgesehen: Das niedrigste Angebot sollte 100 % der Maximalpunktzahl (16 Pkte), das zweitplatzierte 75 % (12 Pkte), das drittplatzierte 50 % (8 Pkte), das viertplatzierte 25 % (4 Pkte) und alle weiteren 0 % (0 Pkte) erhalten. 

Das zweitplatzierte Angebot der Antragstellerin lag ausschließlich im Preis hinter dem erstplatzierten Angebot, hatte in den ebenfalls in die Wertung eingeflossenen Qualitätskriterien hingegen teilweise sogar höhere Punktwerte erreicht.

Die Antragstellerin monierte u.a. die Preisumrechnungsmethode: Die Punktevergabe führe zu zufälligen und willkürlichen Ergebnissen, bereits kleinste Preisabstände könnten sich überproportional auf die Punktzahl auswirken.

Zu spät! Der Vergaberechtsverstoß war aufgrund der Ausschreibungsunterlagen erkennbar und hätte entsprechend bis Ablauf der Angebotsabgabefrist gerügt werden müssen:

Für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes ist ein objektiver Maßstab zugrunde zu legen. Es kommt darauf an, was ein fachkundiges Unternehmen des angesprochenen Bieterkreises bei Anwendung der im Vergabeverfahren üblicherweise anzuwendenden Sorgfalt zu erkennen vermochte. Ggf. ist dabei auch zu berücksichtigen, dass sich eine Ausschreibung an eine relativ überschaubare Anzahl hochspezialisierter Unternehmen richtet, die regelmäßig an (EU-weiten) Ausschreibungen teilnehmen und einen Großteil ihres Gesamtumsatzes mit öffentlichen Aufträgen erwirtschaften. Dann, wenn bei der Beschäftigung mit den Ausschreibungsunterlagen Ungereimtheiten oder möglicherweise wettbewerbsverzerrende Effekte ohne Weiteres ersichtlich sind, muss der Bieter – auch laienhaft und für sich selbst – eine Beurteilung vornehmen, ob darin möglicherweise ein Vergaberechtsverstoß liegt. Mit anderen Worten kommt es darauf an, ob der Bieter erkennen kann, dass mit der konkreten Maßnahme des öffentlichen Auftraggebers eine Verschlechterung seiner Zuschlagschancen verbunden ist, die ihrerseits sachlich nicht gerechtfertigt sein könnte.

Und dass eine Preisumrechnungsmethode, die Punkte nach Platzierung verteilt, dazu führen kann, dass Preisabstände nicht in adäquate Punkteabstände umgesetzt werden und sich dies ggf. nachteilig auswirken kann, war für den angesprochenen Bieterkreis ohne Weiteres erkennbar.

Für Bieter wird wieder einmal deutlich: mögliche Vergaberechtsfehler in den Ausschreibungsunterlagen hinzunehmen, mag sich im Einzelfall „auszahlen“, ist aber äußerst riskant. Der Vergabesenat des OLG Naumburg führt insoweit zur Präklusionsregelung des § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB eindeutig aus: „Der Bieter soll sich frühzeitig, schon während der Angebotserstellung, entscheiden, ob er eine Vorgabe des öffentlichen Auftraggebers in den Ausschreibungsunterlagen hinnimmt oder sie als einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Wettbewerbs ansieht und wegen der damit verbundenen Gefahr der Verschlechterung seiner Zuschlagschancen gegenüber dem Auftraggeber auf deren Abänderung vor Ablauf der Angebotsfrist dringt.

Dazu, ob die gewählte Preisumrechnungsmethode inhaltlich vergaberechtskonform ausgestaltet war, sagt der Vergabesenat explizit nichts. Dies bedeutet aber nicht, dass eine solche Methode vergaberechtlich unproblematisch wäre. Im Gegenteil, „zwischen den Zeilen“ lässt sich auch vom OLG Naumburg durchaus Kritik daran vernehmen. Für öffentliche Auftraggeber gilt entsprechend, das Risiko solcher Wertungsmethoden im Auge zu behalten.

von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht

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